junger Distelfink auf verblühter Sonnenblume
Unsere Autorin des Vogel des Monats, Edith Herzog, ist unfallbedingt ans Haus gebunden und berichtet diesmal über die vielen Besucher in ihrem naturnah gestalteten Garten:
Wer einen eigenen Garten besitzt und ihn naturnah gestaltet, kommt in den Genuss von vielen schönen Tierbeobachtungen. Die Bepflanzung mit einheimischen Sträuchern und Stauden, eine Wasserstelle zum Trinken und Baden, gute Versteck- und Nistmöglichkeiten in Hecken und Nischen sind natürlich Voraussetzung. Eine Blumenwiese anstelle eines eintönigen Rasens ist Lebensraum für Käfer, Schmetterlinge, Bienen, Hummeln und andere Insekten.
naturnaher Garten im Frühling, Sommer und Herbst
Die meisten Vögel ziehen ihre Jungen mit Insekten auf, die sie an einheimischen Pflanzen finden. Und gerade jetzt – im Herbst – bilden die Samen von Gräsern und Blütenpflanzen wie Wegwarte, Königskerze, Nachtkerze, Wilde Karde, Disteln, Flockenblumen etc. sowie die Beeren von Wildsträuchern eine wichtige Nahrungsgrundlage für Zugvögel, die sich Fettreserven für den kräftezehrenden Flug in den Süden resp. das Überstehen der kalten Winterzeit anfressen müssen.
Haussperling im Winterjasmin
An unserem Futtersilo (Feeder), gefüllt mit Sonnenblumenkernen, Erdnussbruch, zerkleinerten Hasel- und Baumnüssen, zeigen sich am Morgen zuerst die Meisen und danach eine „Horde“ Sperlinge, die uns seit Jahren treu sind. Ihr bevorzugter Platz in dieser Jahreszeit ist der Winterjasmin, in den sie bei Gefahr gut abtauchen können. Die Futterstelle lässt sich gut vom Wohnzimmer durch das geschlossene Fenster beobachten, die Vögel sind so völlig ungestört. Man sieht sie dabei aus nächster Nähe, das ist für Groß und Klein ein echtes Erlebnis.
Sumpfmeise
Fast jeden Tag erscheint nebst Kohl- und Blaumeise die Sumpfmeise, sie fliegt das Futtersilo am liebsten dann an, wenn sich nicht zu viele andere Vögel dort aufhalten. Sie ergattert sich einen fettreichen Samen mit dem Schnabel und lässt sich damit auf dem Rosenbogen oder auf einem Zweig in der angrenzenden Hecke nieder. Ganz nach Meisenart hält sie den Samen mit den Krallen fest und bearbeitet ihn mit Schnabelhieben. Sie legt allerdings auch Vorräte an und versteckt ihre Beute beispielsweise in Spalten.
Girlitz
Es gibt Vögel, die die Futterstelle nicht direkt anfliegen, sondern unterhalb am Boden darauf warten, bis Samen herabfallen. Zu dieser Kategorie gehört der Girlitz, unser kleinster Finkenvogel. Er kommt selten allein, bei uns sind es meistens zwei bis vier Vögel oder mehr, die eifrig am Boden nach Nahrung picken. Es sind besonders hübsche Vögel, deren gelber Bürzel (= Gefiederpartie im Bereich Hinterrücken/Oberseite Schwanzwurzel) bei der Nahrungssuche oder beim Wegfliegen gelb aufblitzt.
Grünfink frisst Wildrosensamen
Ein weiterer Gast am Futtersilo ist der stattliche Grünfink, bei ihm stehen Samen zuoberst auf dem Speisezettel. Mit seinem kräftigen Schnabel kann er sogar die hartschaligen Früchte der Hagebuche „knacken“ oder die Hagebutten von Wildrosen zermalmen. Aufgepickte Steinchen helfen ihm, die Samen im Magen zu verreiben, dies machen übrigens auch andere Vögel.
Erlenzeisig an Erlenzäpfchen
Zwei weitere Finkenvögel beobachte ich besonders gern: Erlenzeisig und Distelfink. Im Herbst erscheinen die Erlenzeisige meistens in Schwärmen. An den leicht abfallenden Rufen „piüüü“ sind sie gut zu erkennen. Ein auffälliges Merkmal ist auch die gelbe Flügelbinde. Sie machen ihrem Namen alle Ehre und bevorzugen die Samen von Erlenzäpfchen. Am Bach hinter unserem Haus stehen Erlenbäume, vom Wohnzimmer aus können wir zusehen, wie die Vögel geschickt an den Zweigen und Zäpfchen herumturnen.
adulter Distelfink an Wegwarte
Ein sehr schönes Erlebnis war auch die Beobachtung eines Trupps Erlenzeisige, die gemeinsam mit zwei Distelfinken Samen von verblühten Wegwarten „ernteten“. Ein anderes Mal machten sich ein adulter (erwachsener) Distelfink mit bunter Kopffärbung und ein Jungvogel an der Wegwarte zu schaffen. Junge Distelfinken zeigen noch kein Rot im Gesicht, dieser Jungvogel zeigte bereits einen ersten Anflug von Rot. Was für ein hübsches Kerlchen! In milden Wintern bleiben einige bei uns, bis die letzten Sonnenblumenfelder leer gefressen sind. (Auf dem Titelbild sehen wir einen jungen Distelfink noch ohne Rotzeichnung.)
Rotkehlchen
Besonders gefreut hat mich die Rückkehr des Rotkehlchens in unseren Garten. In den Sommer-monaten scheinen die niedlichen Vögel wie vom Erdboden verschluckt, zur Brutzeit leben sie meist in Wäldern. Jetzt ertönt wieder sein wunderbar perlender Gesang. Wahrscheinlich ist es ein Zuzüger aus dem Norden, „unsere“ Rotkehlchen ziehen im Winter in das wärmere Mittelmeergebiet.
Eisvogel
Ein spezieller Höhepunkt in unserem Garten ist das Erscheinen des fliegenden Edelsteins. Da wir einen großen Gartenteich haben, taucht der Eisvogel ab und zu auf. Vom Brückengeländer, das er als Sitzwarte benutzt, scannt er das Wasser und stößt kopfvoran hinab. Da wir keine Fische im Teich haben, ist seine Erfolgsquote gering (die Bergmolche mit den orangen Bäuchen sind fast alle „abgezogen“) und er disloziert dann meistens zum Nachbarn, der den Teich mit Fischen bestückt hat.
Sperber
Ein aufmerksamer, heimlicher Vogel hat natürlich längst bemerkt, dass sich bei uns ganzjährig Kleinvögel aufhalten. Sein Erscheinen passiert atemberaubend schnell wie aus dem Nichts, sodass es fast unmöglich ist, ihn beim Überraschungsangriff zu fotografieren. Einmal hatten wir Glück, der Sperber schoss wie ein Blitz heran, er hatte es auf einen Hausspatz in unserem Winterjasmin abgesehen. Ein Rauschen, der ganze Trupp Spatzen tauchte ab und der Sperber setzte sich frustriert auf Nachbars Dach. Durchs Küchenfenster gelangen dann einige Aufnahmen.
Jedes Mal, wenn der Sperber einen Angriff startet, verschwinden alle Vögel blitzschnell. Nach einer Weile tauchen sie wieder auf und widmen sich erneut der Nahrungssuche, als wollten sie sagen: So leicht lassen wir uns nicht erwischen!
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Wir sind hier noch längst nicht am Ende. Die Fortsetzung sowie ein spannendes Quiz können in der Dokumentation hier:
archive
Gartenbeobachtung im Herbst
(3.72 MB)
nachgelesen werden.
Ich danke Edith und Beni Herzog herzlich für die interessanten Informationen und die wunderbaren Fotos. Auf ihrer Webseite benifotos.ch sind die Bilder größer und noch prächtiger zu sehen.
Zielgruppe: 3. - 6. Klasse Bezug Lehrplan 21: NMG 2.1 NMG 2.3 NMG 2.4 NMG.2.6